Ultraläuferin esther fellhofer im interview

Esther Fellhofer

Sie ist wohl Österreichs tougheste Dame. Der 33-jährigen Oberösterreicherin ist keine Distanz zu lang und kein Berg zu hoch, der Eiger Ultra mit 250km und 18.000 Höhenmetern war erst der Anfang ihrer Abenteuer.

Wenn man einen Blick auf die Erfolge wirft, möchte man meinen, es steckt ein akribisch ausgearbeiteter Ernährungs- und Trainingsplan dahinter, doch Esther bevorzugt die Flexibilität.

Im Interview gibt die sympathische Läuferin sehr spannende Einsichten in ihr doch recht unkompliziert klingendes Leben und gibt Tipps zur Verbesserung der mentalen Stärke.

 

Als Ultraläuferin muss man wahrscheinlich unglaublich viele Kalorien zu sich nehmen. Wie bewerkstelligst du das? Wie sieht dein Ernährungsplan für einen ganz normalen Trainingstag aus?

Ehrlich gesagt habe ich keinen Ernährungsplan. Ich esse alles, worauf mein Körper gerade Lust hat. Ich ernähre mich bewusst, aber schränke mich nicht ein. Alles ist erlaubt. 
Mein Körper sagt mir relativ genau, worauf er gerade Lust hat. Das ist bei Rennen ganz interessant zu beobachten. Ich habe auch während dem Rennen keine Ernährungsstrategie, sondern entscheide bei den Labestationen spontan, was ich essen möchte. Da esse ich dann Sachen, die ich normalerweise nie esse (z.B. Salami). Aber in diesem Moment braucht es der Körper.

Durch meinen Beruf als Qualitätsmanagerin in einer Molkerei sitze ich an der Lebensmittelquelle und habe einen hohen Konsum an Milchprodukten. Es müssen alle Produkte sensorisch beurteilt und freigegeben werden, somit habe ich berufsbedingt eine höhere Kalorienaufnahme als in einem anderen Büro Job.   

Bei Ultraläufen ist die mentale Ausdauer oft entscheidender als die psychische. Wie kann man das trainieren?

Ultralaufen ist mental definitiv die größere Herausforderung. Um bestmöglich vorbereitet zu sein, mache ich im Training oft Runden, die sich mehrmals wiederholen oder laufe immer wieder auf denselben Berg und das bei jedem Wetter. So kommt es oft zu dem Moment, wo man sich denkt „nicht schon wieder“. Und genau dann muss man weitermachen und darf nicht aufhören. 
Was mir auch hilft, ist von Anfang an in Kilometern denken, die man schon gelaufen ist und nicht, wie viele Kilometer man noch laufen „muss“. Also auch wenn man von einem 150km Lauf erst fünf Kilometer gelaufen ist, muss man sich denken „Ich hab schon 5km“ und nicht „ich muss noch 145km laufen“. 

Bei Trailrunnerinnen ist der Trend zu erkennen, dass sie immer magerer und knochiger werden. Als Laie stellt man sich die Frage, woher nimmt der Körper dann noch die nötige Energie? Wie siehst du das - gefährlich oder normal?

Ja leider ist dieser Trend bei Trailrunnern erkennbar und ich frage mich immer wieder, wie das funktionieren kann. Ich finde, man kennt einen Unterschied zwischen Ultratrailläufern und Trailläufern auf kürzeren Strecken. Für die langen Strecken ist so viel Energie über einen so langen Zeitraum notwendig, dass der Körperbau bei den meisten noch normal ist. 
Nichts desto trotz sehe ich diesen Trend aber als sehr gefährlich.

Für mich ist es enorm wichtig, das Gewicht konstant zu halten. Durch die langen und intensiven Trainingseinheiten und Rennen, ist es oft schwierig, die notwendige Energie aufzunehmen. Daher kontrolliere ich mein Gewicht regelmäßig, um weder in die eine noch in die andere Richtung abzudriften. 

Im Vergleich zu vielen anderen Sportarten ist es im Trailrunning wesentlich schwieriger, als Profi genug zu verdienen, um davon leben zu können. Was könnte man ändern, um den AthletInnen diese Doppelbelastung von Profi & Job zu nehmen?

Es ist eine enorme Belastung neben einem Vollzeitjob das intensive Training unterzubringen und trotzdem noch genug Freizeit für andere Aktivitäten zu haben. 
Daher bräuchte es für Trailrunning Profis eine angemessene, fixe Entlohnung und nicht einen Nebenverdienst durch gute Sponsorenverträge oder Preisgelder. 
Wenn das möglich gemacht wird, könnte man sich zu 100% auf das Training konzentrieren.    
 
Bereust du es ab und zu, diesen Weg eingeschlagen zu haben? Wenn sich Freunde auf ein Glas Wein im Park treffen beispielsweise und du deinen Trainingsplan durchziehen musst?

Ich habe diesen Weg noch nie bereut. Wenn sich Freunde auf ein Glas Wein treffen, bin ich die erste, die dabei ist. Dafür trinke ich zu gerne Wein . In diesem Fall muss man Prioritäten setzen und die sozialen Kontakte pflegen. Dass ich wegen einem Training bei Aktivitäten von Freunden nicht dabei sein konnte, hat es glaube ich noch nie gegeben. 
Da ich ohne Trainingsplan trainiere und relativ spontan entscheide, wann ich wie viel laufe, kann ich mir die Freizeit auch sehr gut einteilen und alles unterbringen. 

Du hast bereits den Eiger Ultra gefinisht und andere extreme Wettkämpfe, welches Abenteuer steht noch auf deiner Wish-List?

Länger, höher, weiter, nach oben hin habe ich mir keine Grenzen gesetzt. So nach dem Motto „Sag niemals Nie!“ Ich habe zwar keine bestimmten Läufe im Auge, ich weiß aber, dass der Eiger Ultra nicht der einzige so extrem lange Wettkampf bleiben wird. Mehrere Tage laufend unterwegs sein, ist schon etwas sehr Spezielles und eine tolle Erfahrung. 
Meine Saisonplanung ist bis auf ein paar wenige große Bewerbe ziemlich spontan. Wenn sich die Beine gut anfühlen und ich einen ansprechenden Lauf sehe (am besten steil und technisch ), entscheide ich mich oft erst an den Tagen vor dem Rennen für eine Teilnahme.

Ich bin generell kein Fan von langfristigen Planungen, daher lasse ich mir immer Türen offen und schau, was auf mich zukommt.